Die drei Protokollbücher eines Vereins, der so gar nicht auf Publizität aus war und ist, sind im Grunde Teil einer Dorfchronik. Sie erzählen von Höhen und Tiefen des Vereinslebens, von Blütezeiten und von Krisen, von neuen Aufgaben, die man übernehmen musste, da sich das Bild des Dorfes Gerbrunn gewandelt hatte, da aus einem Dorf von 600 Einwohnern eine Vorstandgemeinde von über 6000 Bürgern geworden war.
Die Reihe der Vorsitzenden weist bekannte Namen auf. Manche unserer Mitbürger werden sie alle noch in Erinnerung haben, auch viele Neubürger kennen noch den „Kräfte Franz" z.B. oder den „Valtin" Körber.
Die Anfänge
Der landwirtschaftliche Bezirksverein mit seinem ersten Vorstand, Landrat Stumpf, Gutsbesitzer auf Erbachshof, hatte zu einer Wanderversammlung am 23.1.1904 in die „Fries'sche Wirtschaft" geladen, und aus dieser Versammlung her aus entstand der „Obstbauverein Gerbrunn". Man war noch autoritätsgläubig; daher vermerkt das Protokoll, dass diese Versammlung „beehrt war" durch den Besuch eines königlichen Regierungsrats, eines kgl. Bezirksamtsassessors und eines kgl. Landwirtschaftslehrers. 38 Anwesende schlossen sich nach einem Vortrag des kgl. Landwirtschaftslehrers Albert über „den Obstbau im Allgemeinen und über Gründung eines Obstbauvereins in Gerbrunn im Besonderen" zu diesem Verein zusammen. Mit wenigen Ausnahmen (Landauer und Rench) sind alle Namen auch heute noch in Gerbrunn vorhanden.
Eine besondere Rolle, die eines „spiritus rector", des Mannes, der dem Verein immer wieder neue Impulse gibt, scheint Lehrer Dömling gespielt zu haben, ein Mann, den die älteren Gerbrunner heute noch mit Respekt erwähnen.
Schon im zweiten Protokoll taucht sein Name auf, als er die Einführung der ,Astheimer Frühzwetschge" empfiehlt, die den Vorzug besitze, noch eher reif zu sein als die bisher in Gerbrunn verbreitete. Sehr häufig ist in den Versammlungsprotokollen der Bezirksbaumwart Liebenstein erwähnt und wegen seiner guten Ratschläge gerühmt.
Vier Wochen nach der Gründungsversammlung gab sich der Verein eine eigene Satzung, die ebenfalls unter Leitung von Lehrer Dömling Gestalt annahm. Sie war in 17 Paragraphen zusammengefasst, und sicher lag auch damals schon (wie heute) eine sogenannte Mustersatzung zugrunde.
Das Wichtigste aus dieser Satzung:
Zweck: Pflege und Förderung des Obstbaus in Gerbrunn und Umgebung.
Mittel hierzu: Verbreitung der zum Obstbau nötigen Kenntnisse (Vorträge, praktische Anleitungen; Verbreitung von Literatur); gemeinsamer Bezug von Obstbäumen, Werkzeugen und Hilfsmitteln für Obstbau und Obstverwertung; Prüfung von für den Anbau geeigneten Obstsorten; Heranbildung von Obstbaumräten; Ausstellungen; Organisation des Obsthandels; Bekämpfung des „Obst- und Baumfrevels".
Von den anderen Paragraphen der Satzung, die von den Rechten und Pflichten der Mitglieder, den Aufgaben der Vorstandsmitglieder und des Ausschusses handeln, soll hier weiter nicht die Rede sein. Der Jahresbeitrag betrug 1,50 Mark, wurde aber bald auf 1 Mark herabgesetzt.
Im Rückblick erscheint die Gründung des Obstbauvereins Gerbrunn, wie es die Satzung ausweist, auf der Linie der ab Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Selbsthilfeorganisationen zu liegen, die der Staat damals in einem frühen Verständnis des Subsidiäritätsprinzips - Einer für alle, alle für einen - gefördert hat. Der Begriff der Genossenschaft war entstanden, als einige Berufsstände mit besonderen Schwierigkeiten zu rechnen hatten und nach Wegen zu ihrer Überwindung suchten.
Interessant ist übrigens, dass die Schädlingsbekämpfung als Aufgabe in der Satzung noch nicht aufgenommen war. Aber schon ab der nächsten Sitzung nimmt dieses Thema einen immer breiteren Raum ein. Die Bekämpfung beginnt mit den Leimfanggürteln gegen Insekten, führt über Teer- und Karbolineumspritzen zu heute üblichen und von manchen beargwöhnten mannigfaltigen chemischen Pflanzenschutzmitteln.
Die ersten Jahre
Dem Elan der Neugründung folgte die erste Krise. 1904 zählte der Verein schon 63 Mitglieder, 20 traten im nächsten Jahr schon aus, und jede der ersten Generalversammlungen brachte Austritte und Neuaufnahmen. Die Versammlungen werden „nicht zahlreich" besucht, und das Interesse der Mitglieder scheint deswegen nachgelassen zu haben, weil es dem Verein nicht gelungen ist, im „reichen Obstjahr 1904" beim Obstverkauf Erfolge zu erzielen. Manchen werden die damaligen Preise interessieren: Kirschen 7-8 Mark (jeweils pro Zentner), Weichseln 13 -14, Frühzwetschgen 5-6, Spätzwetschgen zu Brennzwecken 3 Mark. 600 Zentner dieser Spätzwetschgen wurden damals durch Vermittlung des Vereins verkauft.
Die Generalversammlungen geben im Rückblick auf das jeweils vergangene Jahr Aufschluss Über die Qualität des „Obstjahrs", und es stimmt traurig, wenn man liest, dass 1905 ein sehr
schlechtes Obstjahr war. „Verschiedene Obstländer standen Anfang Juni ganz kahl wie im Winter draußen, solche Verheerungen hat der Frostspanner angerichtet". Trotz der geringen Ernte dann noch schlechte Preise, weil manche Plan tagen vom Frostspanner verschont geblieben sind!
Es war von Anfang an üblich, dass der Bürgermeister am Leben des Vereins reges Interesse nahm und bei den Versammlungen das Wort ergriff. Das ist verständlich, da der Obstbau als Erwerbszweig damals natürlich einen viel höheren Stellenwert hatte, als es etwa heute der Fall ist.
1908 wird die erste Obstbaumspritze vom Vereinsvermögen angeschafft, auf Antrag von Lehrer Dömling natürlich. Für die Benützung der Spritze, die 147 Mark kostete, musste das Mitglied 1 Mark pro Tag zahlen. Hauptlehrer Dömling (inzwischen anscheinend befördert) hielt praktische Vorführungen in Veredeln von Obstbäumen.
1908 und 1909 waren die Generalversammlungen dem Protokoll nach sehr gut besucht. Aber ohne Angabe von Gründen vermerkt das Protokollbuch, dass in den Jahren 1910 und 1911 keine Versammlungen stattgefunden hätten und in einer Versammlung am 5.10.1912 Hauptlehrer Dömling den Auftrag erhält, „die Geschäfte des Vereins zu übernehmen, das Kassawesen in Ordnung zu bringen und bei der nächsten Versammlung Bericht zu erstatten". Blütezeit und Krise - so schnell kann es gehen! Es muss viel Arger gegeben haben, da nur 15 Mitglieder zur nächsten Versammlung erschienen, die alte Vorstandschaft und der Ausschuss fern blieben. Hauptlehrer Dömling leitete so einen Neubeginn des Vereins ein.
Übrigens - schon damals sahen die Landtagsabgeordneten solche Generalversammlungen als günstige Gelegenheiten an, sich vorzustellen und tatkräftige Förderung der Vorhaben zu versprechen.
Neue Aufgaben
Im Protokoll der Versammlung vom 9.2.1913 ist zum ersten Mal vom Gemüseanbau die Rede. Zugrunde lag anscheinend eine Regierungsentschließung, die bereitwillig angenommen wurde. Vor allem der Spargelanbau wird empfohlen, weil sich „hierzu der Sandboden der Gemarkung besonders eigne". Zwei ha seien bereits angebaut; bei direktem Verkauf an die Konsumenten „könne ein Reingewinn von ca. 10 Mark pro Ztn. erzielt werden". Es wird weiter beschlossen, dass ein „Gemüsebaulehrer" in der nächsten Versammlung über das Thema referieren solle: „Welche Gemüsesorten eignen sich zum Anbau in der Gemarkung Gerbrunn und was ist zu beobachten, um die Kultur derselben rentabel zu gestalten?" In der nächsten Versammlung beschließt man nach einem Vortrag eines Gartenbaulehrers aus Veitshöchheim, neben Spargel in größerer Menge auch Frühkartoffeln und Rhabarber „zu kultivieren und mit anderen Gemüsesorten und mit Samenzucht Versuche zu machen".
Die Schädlingsbekämpfung wird immer wichtiger, zunächst noch nicht so sehr in der Verschiedenheit der Mittel, als in der Wahl des Zeitpunkts für die jeweilige Spritzung.
Interessant ist eine Zahl aus dem Jahre 1913: Man errechnet 1912 20.000 Mark als Erlös für den Obstverkauf, Goldmark wohlgemerkt! Zum Vergleich: Der Vereinsdiener bekam für seine Arbeit im Jahre 1913 ein Geschenk von 3 Mark!
1914 bricht der 1. Weltkrieg aus. Er findet im Protokollbuch keinen Niederschlag, die Arbeit des Vereins ruht ab 1915. Nur einmal, im September 1914, wird in der Versammlung aufgefordert „beim königl. Bezirksamt in Würzburg möglichst viel Obst einzuliefern zu Gunsten der Kriegsteilnehmer". Das ist die einzige Erwähnung des Kriegs.
Neuanfang nach dem 1. Weltkrieg
Am 21.12.1919 verzeichnet das Buch die erste Versammlung nach über vier Jahren, und man geht ohne Rückblick zur Tagesordnung über: Schädlingsbekämpfung; Bezug von Edelreisern, Empfehlung von Obstsorten. Ein Kuriosum, das die Gemüter lange Zeit bewegt haben muss: Man beschließt, eine Prämie von 10 Mark für den auszusetzen, der „einen Obstfrevler und Baumverderber zur Anzeige bringt, so dass er gerichtlich belangt werden kann". Im November 1921 vermerkt das Protokoll eine „gerichtliche Vernehmung in der Sache gegen aus Theilheim". War es der Baumfrevel? Nun, es ging um das Spritzmittel Soda, und es kam zu einem Vergleich. Die Suche nach dem Baumfrevler, zu dem noch Obstdiebe dazukamen, ging weiter; im Mai 1922 wird der Baumfrevler noch einmal erwähnt, dann für mehrere Jahre nicht mehr. Hat man ihn gefunden? Hat er von selbst aufgehört? Die Ältesten unserer Mitbürger werden es noch wissen.
Das nächste Jahrzehnt wirkt im Protokollbuch monoton: Bezug von Schädlingsbekämpfungsmitteln, Edelreisern usw. sind der Hauptinhalt. 1928 wurden zum ersten Mal die „Bühler", die Gerbrunner Frühzwetschgen erwähnt, Vorstand Kraft brachte von seinem Aufenthalt in Bühl die Zusage über den Bezug „von einigen hundert Obstbäumen" mit, die dann noch durch Lieferungen von einer Baumschule aus Hammelburg ergänzt werden sollen.
Der Winter 1928/29 wird erwähnt, Frostschäden, besonders das Aufspringen von Stämmen, werden verzeichnet. Zum wieder holten Male wird aufgefordert, „der hungernden Vögel zu gedenken". Die nächste Generalversammlung spricht dann von „kolossalen Schäden", die der überaus strenge Winter verbunden mit der Trockenheit des folgenden Sommers angerichtet habe: 1500 - 2000 Obstbäume seien eingegangen!
Um 1930 scheint es Absatzschwierigkeiten gegeben zu haben: Bei der Diskussion darüber, wie man Obstgroßhändler auf die Gerbrunner Frühzwetschgen aufmerksam machen könne, wird vorgeschlagen, im Verbandsorgan „Der Wegweiser im Obst- und Gartenbau" eine Anzeige zu veröffentlichen. Der Erfolg war nicht sehr groß, nur nach kleineren Mengen wurde angefragt. Abhilfe verspricht man sich von einer Qualitätsverbesserung: Neben und anstelle der Frühzwetschge, bei der man auf dem deutschen Markt ein Überangebot befürchtet, will man in verstärkten Umfang auf die noch frühere Sorten „Lützelsachser" und „Goldquelle" ausweichen.
Seit 1929 besaß der Verein einen Konservierungsapparat, der bei Hausschlachtungen das Eindosen von Fleisch und Wurst gegen geringe Gebühr ermöglichte.
Neue Fälle von Baumfrevel werden Anfang 1932 gemeldet, wieder wird eine Prämie ausgesetzt, diesmal in Höhe von 20 Mark.
Interessant erscheint, dass man das Spritzen der Obstbäume schon frühzeitig skeptisch betrachtete. In einer Versammlung am 29.1.1939 wird es vom Bezirksgärtner Kimme! als „leider notwendiges Übel" bezeichnet. Neue Chemikalien wer den als Schädlingsbekämpfungsmittel empfohlen, da das seit Jahrzehnten übliche Karbolineum als „völlig nutzlos" zur Bekämpfung vor allem der Schildlaus hingestellt wird. Nistkästen, die der Tierschutzverein Würzburg zur Verfügung stellt, sollen dem Vogelschutz dienen und eine natürliche Schädlingsbekämpfung verstärken. Oberlehrer Brehm, unseren älteren Mitbürgern noch in guter Erinnerung, übernahm mit der älteren Schuljugend das Aushängen der Nistkästen.
Die Jahre von 1933 bis 1948
Das „Dritte Reich" hatte begonnen, und wie schon zur Zeit des I. Weltkriegs die Protokollbücher sich als „geschichtslos" erweisen, finden auch die Verhältnisse der Jahre von 1933 bis 1948 kaum Erwähnung, in einer Versammlungsniederschrift vom Dezember 1933 wird der bisherige Vorstand als „erster Führer" bezeichnet, aber dieser Überschwang legt sich bald, der „Vorstand" oder der „Vorsitzende" erscheint wieder.
1933 scheint der Verein eine kleine Blütezeit erlebt zu haben: Zum ersten Mal wird von Geldanlage gesprochen: 100 Mark sollen beim örtlichen Darlehensverein angelegt werden. Auch sonst gab es Aktivitäten: 1760 Bühler und 950 Baumpfähle wurden bezogen, daneben natürlich Karbolineum und andere Spritzmittel. Die Mitgliedszahl bewegt sich um die Zahl 60, sie schwankt, weil es in jedem Jahr zahlreiche Austritte und Neuaufnahmen gibt.
Am 4.3.1936 wird der Verein „auf Grund einer Neuordnung der Landesbaumschaff" in „Gartenbauverein Gerbrunn" umbenannt. Eine neue Satzung wird verlesen und angenommen. Leider ist sie im Protokoll nicht angeführt, so dass ein Vergleich mit der Satzung des Jahres 1904 nicht möglich ist. Es scheint sich um eine „von oben" angeordnete Mustersatzung zu handeln, die für die „Landesbaumschaft Bayern" Geltung hatte. Neu ist darin der Passus: „Ernennung und Berufung der Vorstandschaft erfolgt durch den Ortsbauernführer Gerbrunn". So wird denn auch, nachdem Valentin Körber den Verein kommissarisch 1938/39 geführt hat,
am 15. Juni 1935 der neue Vorstand nicht mehr gewählt, sondern von der „Parteileitung bestimmt", wie es im Protokoll steht. So ganz „geschichtslos" konnte der Verein also nicht bleiben, und sicherlich hat sich im Leben des Vereins manches ereignet, das mit den damaligen Verhältnissen zusammenhängt, aber aus mancherlei Gründen im Protokollbuch keine Aufnahme fand.
Der 2. Weltkrieg hatte begonnen. In den Protokollbüchern wird er nicht eigens erwähnt, aber in allen Versammlungsniederschriften findet sich regelmäßig die Aufforderung des Vorsitzenden oder eines Gastredners, „alles daran zu setzen, die Bevölkerung in dieser schweren Kriegszeit mit Obst und Gemüse zu versorgen, wie es am 15.8.1943 heißt. Nicht mehr, wie etwa 1930, ist von Absatzschwierigkeiten die Rede, sondern von der Pflicht zur Ablieferung bei den Sammelstellen.
Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg
Am 1.2.1948 findet die erste Generalversammlung nach dem Kriege statt. Es wird zunächst der neue Vorstand gewählt, und es spricht eigentlich für diesen Vorstand, dass er, nachdem er 1939 „bestimmt" worden war, jetzt auch von der gut besuchten Versammlung „gewählt" wird. Im Übrigen ging das Leben weiter: Schädlingsbekämpfung, Pflege der Obstbäume usw. Die Währungsreform Stand noch bevor, Torf, Spritzmittel, Gemüsesamen waren kaum zu bekommen; Absatzschwierigkeiten gab es natürlich nicht.
Die Währungsreform traf den Verein nicht sehr hart. Sein Barvermögen, das ohnehin nicht sehr groß war, wurde abgewertet, aber für das zweite Halbjahr 1948 wurde von jedem bei der Versammlung anwesenden Mitglied ein Betrag von 1 DM nacherhoben. Damit war der Verein wieder „flüssig".
Im übrigen stieg die Mitgliederzahl auf 109, der Bezug von Jungbäumen, Kunstdünger und Spritzmittel machte keine Schwierigkeiten. Regelmäßig werden ab jetzt Lehrfahrten in andere Obstanbaugebiete durchgeführt, sie erfreuen sich steigender Beliebtheit.
Die Sorgen um den Absatz und die Preise beim Verkauf des Obstes kehren wieder. Man trägt sich mit dem Plan, eine Absatzgenossenschaft zu gründen, scheut aber dann doch vor diesem Schritt, der für Gerbrunner Verhältnisse nicht angemessen zu sein scheint. Besser ist es, sich einer bestehenden Absatzgenossenschaft anzuschließen.
Die Schädlingsbekämpfung wird immer komplizierter, sowohl hinsichtlich der Auswahl der Spritzmittel als auch des Zeitpunktes zur Bekämpfung der vielen Schädlinge.
1952 wird zum ersten Mal die Dorfverschönerung als neue Aufgabe des Vereins erwähnt. Blumenschmuck soll „mit Prämierung gefördert werden". Ein Lichtbildervortrag soll mit der Prämierung und mit einer Blumenverlosung verbunden werden.
Das Erntedankfest wird in das Programm des Vereins seit 1953 aufgenommen. Eine Obstschau mit 70 Obstsorten wird als großer Erfolg bezeichnet, der „alle Erwartungen übertroffen hat".
Und nun wechseln Jahr für Jahr die Meldungen über „gute und schlechte Obstjahre", wobei dann noch bei guten Jahren die Sorge um den Absatz vor allem bei Zwetschgen die Freude über eine reiche Obsternte trübte.
1954 wurde das 50jährige Stiftungsfest des Vereins gefeiert. Das Programm: 9.30 Uhr Gedächtnisgottesdienst, 11.00 Uhr Eröffnung der Kirschenschau durch Landrat Dr. Wilhelm, anschließend Festvortrag von 1. Vorstand Kraft mit ehren dem Gedenken von Gründungsmitgliedern und Ehrung verdienter Mitglieder; nachmittags Gartenbaufest im Gasthaus „Zum Schwan", abends Tanzmusik in bei den Lokalen.
In der nächsten Generalversammlung bedankt sich der Vorstand bei allen Beteiligten für das gute Gelingen des Festes.
Ein wichtiger Schritt wurde in der Versammlung am 20.7.1956 vollzogen: Man wollte für die Zukunft die Schwierigkeiten des Absatzes und „das Preisdiktat des Handels" dadurch beseitigen, dass man sich der Marktabsatzgenossenschaft Margetshöchheim anschloss. Ein Fachmann aus München nannte dabei die Gründe für die Schwierigkeiten: Die deutschen Obsterzeuger müssten durch einheitliche Verpackung, saubere Aufmachung und durch unbedingte Beachtung der Qualitätsansprüche den deutschen Markt langsam wiedererobern, der durch die starke Konkurrenz aus dem Ausland verloren gegangen war.
Über den Blumenschmuckwettbewerb hinaus soll das Gesamtbild des Dorfs verbessert werden. Auch damit befasste sich der Verein seit 1957, und es wurde angeregt, auf „Reinhaltung, Anlage von schönen Dorfplätzen und gepflegten Gedächtnisstätten" zu achten.
Erste Erfolge beim Blumenschmuckwettbewerb zeigen sich 1958: Die Beteiligung der Bürger ist so groß, dass die Gemeinde im Landkreis den fünften Platz einnehmen kann und lobend erwähnt wird.
Zunehmend wird die Forderung laut, mit Rücksicht auf die Marktgängigkeit nur Qualitätsobstsorten anzubauen. Die schwarze Johannisbeere, mit der experimentiert wurde, erwies sich als nicht geeignet für den Gerbrunner Boden.
Die Schädlingsbekämpfung wird immer schwieriger. 1961 wurde von einigen Obstbauern in die Baumblüte gespritzt, und dabei wurden ca. 30 Bienenvölker eines hiesigen Imkers vernichtet.
Ein anschauliches Beispiel für das Verhältnis zwischen der Qualität des Obstjahres und den erzielten Preisen bieten die Jahre 1961 und 1962. 1961 brachte eine Rekordernte an Bühler Zwetschgen, der Preis lag bei 4 DM pro Zentner. 1962 war die Quantität der Ernte gering, dafür der Preis (20 DM pro Zentner) recht gut.
Seit dem Jahre 1968 tritt der Verein durch die Gestaltung des Erntedankfestes stärker an die Öffentlichkeit. Man versucht - und das mit großem Erfolg - die ganze Gemeinde mit einzubeziehen, die Schuljugend, den Männerchor, den Spielmanns- und Fanfarenzug, die Feuerwehr, die Pfadfindergruppe. Ein festlich gestalteter Gottesdienst, ein Platzkonzert und ein Bunter Abend in der Turnhalle - es waren Höhepunkt in der Geschichte des Vereins.
Skepsis und Pessimismus hinsichtlich der Zukunft des Vereines deuten sich in einer Versammlung am 24.1.69 an, als der Vorstand in einem Jahresbericht darauf hinweist, dass „der derzeitige Obst- und Gartenbauverein" infolge der Abnahme der Landwirtschaft kein Zukunftsverein sei. Auf den Gartenbau solle in Zukunft größerer Wert gelegt werden. Der Blumenschmuckwettbewerb sollte noch mehr gefördert werden, und der Verein könnte auch bei der Anlage von Ziergärten beratend wirken.
Der Kreisverband hat, wie der Kreisfachberater Braun in einer Versammlung am 5.4.1973 ausführte, dieser geänderten Aufgabenstellung auch durch eine Änderung seines Namens Rechnung getragen. „Gartenbau und Landespflege" - dieser neue Name beinhalte auch sein Programm.
Seit 1972 oder 1973 etwa ist diese neue Aufgabenstellung deutlich. Durch die sprunghafte Ausweitung des bebauten Wohngebiets (die „Ebene" war bevorzugtes Obstbauland) ist der Obstbau in seiner Bedeutung sehr stark zurückgegangen, er ist „Zuerwerb" geworden, nicht mehr wie früher Existenzgrundlage neben der Landwirtschaft.
Zwar wurde 1973 über die Obstabsatzgenossenschaft Margetshöchheim ein Umsatz von 91.000 DM erzielt, aber der Betrag verteilt sich auf viele Anlieferer.
1974 feiert der Verein am Erntedanktag sein 70jähriges Bestehen in einer Festversammlung im Pfarrsaal, bei der Landrat Dr. Wilhelm die Ehrenmitglieder aus zeichnet.
1976 - typisch für die Bedeutung der Landwirtschaft und des Obstbaus in Gerbrunn - wird das Lagerhaus der Raiffeisenkasse in Gerbrunn zweckentfremdet, für die BayWa ist es nicht mehr rentabel. Die Frage der Obstsammelstelle wird akut, sie ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht gelöst.
Die Jahre von 1984 bis 2004
Ein Vereinsjubiläum ist zweifelsohne ein besonderes Ereignis und ein Höhepunkt. Es ist der Lohn für jahrelange Mühe und Arbeit, ein Anlass Rückblick zu halten. Zurückblickend sei das 80jährige Gründungsfest 1984 zu erwähnen. Blumenschmuckbewertung wurde durchgeführt und ein Schnittkurs abgehalten. Im Pfarrsaal konnten viele Gäste, auch von unseren Nachbarvereinen begrüßt werden. Höhepunkt war am darauffolgenden Sonntag der Festzug von der Mehrzweckhalle zur katholischen Kirche. Die festlich geschmückte Erntekrone stand im Mittel punkt. Zum Tag des Baumes pflanzte man mit dem Obst- und Gartenbauverein Theilheim zwei Silberpappeln auf der Gieshügeler Höhe, den höchsten Punkt von Gerbrunn. Beide Bäume sind der Ersatz für die vom Unwetter zerstörte Pappel, die Jahrzehnte als markanter Punkt von weitem sichtbar war. Mit der Anpflanzung dieser beiden neuen Silberpappeln sollte auch die gute Zusammenarbeit zwischen dem Gerbrunner und dem Theilheimer Obst- und Gartenbauverein betont werden. Dann folgten 85-, 90- und 95-jährige Gründungsfeste.
Die Jahre von 1984 bis 2004 bereiteten immer mehr Sorgen im Obstbau. War doch Gerbrunn weithin bekannt als Obstbau-Gemeinde. Die Erweiterung der Universität Würzburg am Hubland, sowie die Erschließung von Baugebieten erforderten ertragreiches Obstland. Auf der anderen Seite wurden seit Jahren auch keine Neuanpflanzungen vorgenommen. Die hiesige Landwirtschaft nahm rapide ab, somit auch der Obstbau. Für die übrig gebliebenen Erzeuger wurde es immer schwieriger, Obst zu vermarkten.
Wie schon des Öfteren erwähnt, fehlte es auch an einer Obstsammelstelle. Leider hat die Universität Würzburg dem Obst- und Gartenbauverein untersagt, die ehemalige Scheune von Roman Heppel, am Ende der Sieboldstraße, als Sammelstelle zu benutzen. Nun erklärte sich das langjährige Mitglied Albin Leim bereit, auf seinem Hof wenigstens die Kirschen für den Großmarkt Volkach anzunehmen. Größere Mengen, wie Bühler Zwetschgen, wurden direkt am Zottenhügel verladen. Die Mengen wurden immer weniger, so dass der Großmarkt Volkach Gerbrunn nicht mehr anfuhr um das Obst abzuholen. Die wenigen, übrig gebliebenen Obsterzeuger fahren deshalb selbst ihre Erzeugnisse zur Genossenschaft nach Sommerhausen.
Die bisher seit Jahren verwendeten Schädlingsbekämpfungs-Mittel, „Folidol" zur Austriebspritzung und „Lebaycid" zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege wurden bei uns aus dem Verkehr gezogen. Somit musste sich auch der Obst- und Gartenbauverein umstellen.
Selbstverständlich werden weiterhin Obstbaum-Schnittkurse durch Fachleute des Kreisverbandes durchgeführt und Vorträge abgehalten, was auch den Hobby-Kleingärtnern und Hausbesitzern von Nutzen sein kann. Für die Pflege und Instandhaltung der Gärten wurden vom Obst- und Gartenbauverein Rasenvertikutierer, Obstbaumspritzen und Komposthäcksler angeschafft, die jedes Mitglied ausleihen kann.
Als neuen Aufgabenbereich hat der Verein sich der Bildstöcke angenommen. Letztlich sind diese nicht nur ein Zeichen der Frömmigkeit, sondern Zeugen vergangener Zeit und ein Stück Gerbrunner Heimat.
Der Verein bemüht sich auch um das Brauchtum in Gerbrunn. Deshalb unterstützter tatkräftig die Gemeinde bei der Erhaltung von Bildstöcken und Feldkreuzen. Deshalb wurden auf Anregung und Unterstützung des Obst- und Gartenbauvereins e.V. von der Gemeinde 15 Bildstöcke und Kreuze restauriert. Der Obst- und Gartenbauverein hat die Kosten für die Renovierung der Bildstöcke an der Alten Schule und der Eichendorffschule sowie das Kreuz und die Madonna am Kirchplatz übernommen.
Was wäre ein Dorf ohne Blumen? Farblos! Es werden deshalb regelmäßig Blumenschmuckwettbewerbe durchgeführt. Um eine neutrale Bewertung zu erzielen, sind dazu auswärtige Personen herangezogen worden.
Im Laufe das Jahres fuhrt der Obst- und Gartenbauverein folgende Veranstaltungen durch bzw. ist daran beteiligt:
Seit 2001 wird ein Unterhaltungsabend unter dem Motto „Ein Abend im Frühling" unter Mitwirkung der örtlichen Vereine durchgeführt.
Zu jedem 1. Mai wird der von der Feuerwehr eingeholte Maibaum von unseren Mitgliedern geschmückt und unter der Leitung unseres 1. Vorstandes, Herr Alfons Leim, eine Maifeier mit Maibaumaufstellung durchgeführt.
Zum Brunnenfest übernimmt der Verein das Schmücken des Dorfbrunnens.
Wie schon erwähnt: es werden in unregelmäßigen Abständen Schnittkurse abgehalten.
Fast regelmäßig wurden die Gartenschauen besucht, u. a. die Internationale Gartenbauausstellung 1983 in München, die Bundesgartenschau 1989 in Frankfurt und die Landesgartenschauen in Würzburg, Ingolstadt, Hof, Amberg, Memmingen und Kronach.
Höhepunkte für die Reisefreunde des Vereins sind die jährlich stattfindenden Vereins- und Lehrfahrten:
04.-08.04.1990 Wien mir Kloster Melk und Grinzing
22.-28.04.1991 Cote d'Azur mit Monaco und Nizza
28.05.-02.06.1992 Belgien mit Brüssel, Brügge und Gent
07.-13.05.1993 Ungarn mit Budapest und Puszta
12.-18.05.1994 Hamburg mit Helgoland
07.-21.04.1995 Spanienrundreise mit Monserat, Escorial, Alhambra und Sevilla
06.-08.10.1995 Moselfahrt mit Trier
27.05.-02.06.1996 Ostseefahrt mit Insel Rügen
02.-11.05.1997 Toskana mit Pisa, Florenz und Insel Elba
18.-28.06.1998 Normandie, Bretagne und Paris
10.-20.05.1999 Südengland mit London, Cornwall und Lands-End
01.-08.06.2000 Schweizrundreise, Fahrt mit dem Glacier-Express
13.-20.05.2001 Berlin, Potsdam, Spreewald und Bundesgartenschau
02.-16.05.2002 Golf von Neapel und Sizilien
14.-21.05.2003 Hollandrundfahrt mit Antwerpen
Ein absoluter Höhepunkt bei all diesen Fahrten war der Aufstieg auf den noch nicht erkalteten Ätna bei der Sizilienfahrt.
Die Jahre von 2004 bis 2014
Im Gegensatz zu den 100 Jahren des OGV Gerbrunn, die 2004 gebührend gefeiert wurden und noch vielen in guter Erinnerung sind, nehmen sich die vergangenen 10 Jahre im Vereinsleben als eine kaum erwähnenswerte Zeit aus. Dennoch waren die letzten 10 Jahre von Bewährtem aber auch Neuanfängen im Vereinsleben geprägt.
Veranstaltungen wie der „Abend im Frühling“ - von Jahr zu Jahr unterschiedlich gestaltet – waren Höhepunkte im Miteinander der Vereinsmitglieder und wurden sehr gut besucht. Auch die jährliche Vereinsfahrt – im Jubiläumsjahr 2014 ins Weserbergland – brachten viele neue Eindrücke und wurden beim auch schon traditionellen Dia-Abend aufgefrischt und verstärkt.
Ein Neuanfang wurde geschafft in der Kooperation mit Schule und Abenteuerspielplatz. Bereits mehrfach wurden eine Kartoffelaktion – gemeinsam mit Kindern wurden Kartoffeln gelegt und geerntet – durchgeführt. Aber auch das Apfelpressen und die Mitarbeit und Gestaltung im Schulgarten der Eichendorff-Schule waren gute Möglichkeiten Kinder und Jugendliche an den Umgang mit Schöpfung und deren Erhaltung heranzuführen. Auch dies ist eine wichtige Aufgabe, der sich ein Obst- und Gartenbauverein in unserer Zeit stellen muss. Umso erfreulicher ist es, dass die Angebote des OGV Gerbrunn gerne angenommen werden.
In den vergangenen Jahren war es dem OGV Gerbrunn auch immer ein Anliegen sich in das Vereinsleben einzubringen und das Brauchtum in unserer Gemeinde lebendig zu halten. So ist die Gestaltung des jährlichen Erntedankfestes mit dem Zug der Erntekrone fester Bestandteil des Vereinslebens. Fortgeführt wurden die Restaurierungen und Erneuerungen der Bildstöcke an den verschiedenen Standorten in Gerbrunn. So wurde zuletzt im Jahr 2008 der Marienbildstock auf dem Kirchplatz der Katholischen Pfarrkirche restauriert und an einem neuen Standort wieder aufgestellt. 2013 wurde in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Gerbrunn und dem BUND begonnen, an den teils sehr alten und nicht gepflegten Obstbäumen am Weg vom Flürle zum Gut Gieshügel einen Baumschnitt durchzuführen und die Hecken unter den Bäumen zu entfernen. Dies auch im Hinblick auf die Erhaltung der Streuobstwiesen, die ein Projekt in die Zukunft hinein sein werden.
Die größten Veränderungen aber gab es bei den Verantwortlichen des Vereins. 2009 stirbt die langjährige Schriftführerin Elisabeth Wittstadt, nach einer längeren Vakanz übernimmt bei der Mitgliederversammlung im März 2012 Wolfgang Hartmann diese Aufgabe, stirbt aber überraschend Ende 2013. Am 28.03.2014 wird Werner Trenkamp neuer Schriftführer des OGV Gerbrunn e.V. Unter großer Anteilnahme von Freunden und Bekannten wird im November 2011 der langjährige 1. Vorsitzende Alfons Leim zu Grabe getragen, der sich 38 Jahre lang für den OGV Gerbrunn einsetzte. Sein Nachfolger als 1. Vorsitzender wird Hermann Wittstadt.
Im Jubiläumsjahr 2014 bilden den Vorstand: Hermann Wittstadt, 1. Vorsitzender, Susanne Barth, 2. Vorsitzende, Schriftführer Werner Trenkamp, Kassier Georg Track. Als Beisitzer: Bruno Kraft, Norbert Mauermann, Manfred Spahn, Reinhold Philipp, Kurt Schetterer, Kurt Hofbauer, Herbert Fromm.
Der OGV Gerbrunn wird sich auch in den nächsten Jahren für das Wohl der Mitglieder und der Gemeinde Gerbrunn einsetzen. Er wünscht sich vor allem, dass sich auch jüngere Mitbürger für den Verein interessieren.
Hermann Wittstadt, Werner Trenkamp
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